Bezeichnung: | Spangenberg, Festungsplan, Bauaufnahme und Entwurf, Grundriß |
Künstler: | Adam Müller (gest. vor 1639), Architekt |
Datierung: | 1626 |
Maßstab: | bezifferter Maßstab ohne Maßeinheit |
Beschriftungen: | oben links: "Uff des Herrn Obristen Volprecht Riedesels undt dero Herrn Baw / verwalter, zu Cassell, gethanen befelich, habe zu under theniger volge / deßen, Ich mich endts subscribirt(er) Nacher Spangenbergk verfügt, den / augen schein deßen Vom Lö. Obristen Hillen angegebenen Stackets / eingenommen, Undt wie der [... (Burg?)] graff Hanß Schildt, als auch der / Zimmer Meister da selbsten, in abweßen des Obristen / Hillen mich berichte., soll Jetzo gedachten Obristen / seine Meinung undt vor schlagk sein, weill sie / beide selbsten, mit mehr er wehnt.(en) obristen herummen / gangen, undt es Meßen helffen, daß das / vorgeschlagene Stackett, deß angelegt / undt verfertigett werden Solte, wie / die mit Rott, verzeichnetten Linienn / außweißen, undt thutt alß / dieße mit Rott verzeichnette Lenge zu Sammen - 1433 f. Hier- / tzu wirdt ahn holtz erfordertt / Wie volgett." (Feder in Braun) |
Der Plan ist in der Anlage einmal als JPG-Datei und noch einmal als PDF-Datei angefügt.
Zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges erwiesen sich die Befestigungen der mittelalterlichen Burg von Spangenberg, deren Ausbau zur neuzeitlichen Festung unter Landgraf Philipp im 16. Jahrhundert unvollendet geblieben war, als unzureichend. (Zur Burg und Festung Spangenberg liegt bisher keine Darstellung der Baugeschichte vor. Einzelne Hinweise bei Wittmann 1962; eine knappe Übersicht bei Fenner 1987.) Die daraufhin von Landgraf Moritz Anfang der 20er Jahre begonnene Verstärkung der Wehranlagen mußte wegen der Kriegsereignisse unterbrochen werden. Moritz ließ deshalb 1625 den beweglichen Hausrat sowie Teile der militärischen Ausrüstung von Spangenberg nach Kassel in Sicherheit bringen (Amtsrechnung von 1626, StAM, Rechnungen II, Spangenberg (4)). Die unvollendeten Teile der Festung sicherte man vorläufig durch eine Palisade. Der vorliegende Plan ist in diesem Zusammenhang entstanden.
Nach längerer Unterbrechung konnte offenbar erst ab 1633/34 wieder in größerem Umfang an den begonnenen Festungswerken gearbeitet werden. 1635/36 war dann ein Zustand erreicht, der eine ausreichende militärische Sicherheit gewährleistete. Während 1637 die Stadt Spangenberg von kaiserlichen Truppen eingenommen und zur Hälfte zerstört wurde, konnte die Festung zu diesem Zeitpunkt und während des ganzen weiteren Kriegsgeschehens behauptet werden. Spangenberg gehörte bis in das frühe 19. Jahrhundert zu den kleineren militärischen Anlagen des Landes, die fortlaufend instandgehalten, allerdings nicht mehr weiter ausgebaut wurden. Die in der ersten Phase des Dreißigjährigen Krieges errichteten Bauten sind heute noch weitgehend erhalten. Sie weisen keinerlei Wappen, Jahreszahlen oder Bauornamentik auf und zeugen damit von der Bedrohungssituation, in der sie entstanden.
Die Zeichnung von 1626 zeigt die Gesamtanlage der kleinen Bergfestung einschließlich der begonnenen und geplanten Bauteile an der Westseite (Buchstaben A bis K). Während die älteren Bauteile nur summarisch und ohne die Wohngebäude der Kernanlage wiedergegeben sind, werden die neuen Bereiche detailliert dargestellt. Die vorgesehene Palisade ist durch eine rote Linie gekennzeichnet. In den beiden linken Beischriften, die von dem Baumeister Adam Müller, der auch als Zeichner des Blattes anzunehmen ist, unterschrieben sind, wird kurz über die vorbereitenden Messungen berichtet und ein Kostenvoranschlag erstellt. Die Legende rechts erklärt die mit Buchstaben bezeichneten Punkte der neuen Bauteile. Geplant war eine aus drei steinernen Bollwerken bestehende Bastionäranlage in Anlehnung an die neuitalienische Befestigungsmanier des 16. Jahrhunderts, nach der schon seit 1567 die Neubefestigung der Residenzstadt Kassel unter Landgraf Wilhelm IV. erfolgt war. Diese um 1620 bereits etwas veralteten Wehrbauformen sind für Landgraf Moritz offensichtlich noch vorbildhaft gewesen, wie dessen Architekturzeichnungen und -phantasien belegen, in denen mehrfach als Steinbauten gedachte Bastionen und lange Kurtinen mit Brustwehren auftauchen. Bei der Planung für Spangenberg mußte allerdings das hier steil abfallende Gelände berücksichtigt werden, das weder spitzwinklig vorspringende Bastionen noch Ravelins noch einen Graben zuließ. Die Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten dürfte auch der Grund dafür gewesen sein, das Haupttor in das nördliche Bollwerk zu verlegen. Durch eine Zugbrücke und eine enge gewölbte Einfahrt war der Zugang gesichert. Auf den besonderen fortifikatorischen Wert des hier angelegten zweiten Gewölbes, einer Kasematte, wird ausdrücklich in der Legende hingewiesen: "hierauß die Brücke undt die Cortina D bestrichen wird". Während das nördliche Bollwerk mit dem Tor, die anschließende Kurtine sowie die Mittelbastion bis auf die Brustwehr zum Zeitpunkt der Planzeichnung fertiggestellt waren, ist seitlich vermerkt: "Vom F an biß aufs K ist das Ravelin sambt der Courtinen von holtz werck ver fertigett" (ein Bericht von 1636 enthält eine Datierung der mittleren Bastion: "das Inn Anno 1622 verfertigte Bolwerck", StAM 40 d. P. 343). Dieser Bauabschnitt wurde dann erst 1634 bis 1636 in Mauerwerk erstellt. Das Blatt, das bisher nicht beachtet wurde, ist mit seinen genauen Informationen zum Ausbauzustand Spangenbergs um 1625 eine äußerst wichtige Quelle zur bislang nicht vollständig geklärten Baugeschichte dieser Anlage.
Quelle: Bestandskatalog der Architekturzeichnungen, (Online-Kataloge der Museumslandschaft Hessen Kassel). Hrsg. von der Museumslandschaft Hessen Kassel, Kassel 2004/2005/2007/2016, architekturzeichnungen.museum-kassel.de, [2020_11_15).